Zystennieren-Erkrankung ADPKD
Die seltene Erkrankung ADPKD (autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung – auch bekannt als Zystennieren) ist eine Erbkrankheit, die eine Funktionseinschränkung der Nieren verursacht. Häufig führt sie zu einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz und damit auch zu einer Einschränkung der Lebensqualität für Patienten. Was die Diagnose „ADPKD“ genau bedeutet und wie eine Therapie aussieht, weiß Priv.-Doz. Dr. Michael Rudnicki, Leitender Oberarzt an der UniKlinik Innsbruck und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie.
Können Sie kurz die seltene Erkrankung „ADPKD“ für unsere LeserInnen zusammenfassen?
ADPKD ist eine seltene Erbkrankheit, die mit 50% Wahrscheinlichkeit von Generation zu Generation weitervererbt wird. Sie ist unter den Nierenerkrankungen die häufigste seltene Krankheit. Dabei kommt es über Jahrzehnte zur Entwicklung von kleinen Zysten in beiden Nieren, die dann immer größer werden. Langfristig (über 30-50 Jahre) führt dies zu einer Niereninsuffizienz, häufig ist im späteren Verlauf eine Dialyse oder eine Nierentransplantation notwendig.
Wie viele Personen sind in Österreich von dieser Krankheit betroffen?
Für Österreich gibt es für diese seltene Erkrankung keine offiziellen Zahlen. Für Europa liegt die Häufigkeit bei ca. 4 Personen pro 10.000 Einwohner, das würde ca. 3.500 Patienten in Österreich entsprechen.
Wie macht sich die Erkrankung bemerkbar? Gibt es klassische Symptome?
Rund 8-15% aller Patienten haben keine erkrankten Eltern. Dies bedeutet, dass die Krankheit auch de novo auftreten kann und solche Patienten sind dann natürlich sehr verunsichert. Symptome sind z.B. Schmerzen in der Nierengegend, ähnlich wie bei Nierensteinen. Auch Nierensteine selbst können vorkommen. Daneben können sich Zysten auch entzünden, Symptome sind dann wiederum Schmerzen in der Nierengegend und Fieber.
Wie kann die Krankheit diagnostiziert werden?
Wenn bei den genannten Symptomen ein Ultraschall (oder ein CT oder ein MRT) der Nierengegend gemacht wird, können die Zysten festgestellt werden. Daraufhin sollte eine exakte internistische Abklärung erfolgen.
Ist eine fachgerechte Diagnose beim Hausarzt möglich oder gibt es spezialisierte Zentren?
Die Diagnose beim Hausarzt ist möglich, vor allem für jene Gruppe, die von der Erkrankung ihrer Eltern bzw. Großeltern weiß. Diese Personen benötigen zur Abklärung eine Ultraschalluntersuchung. Ab einem bestimmten Alter kann man mittels einer Ultraschalluntersuchung mit hoher Sicherheit die Krankheit beweisen oder ausschließen. Eine weiterführende diagnostische Abklärung beim Nephrologen, im frühen Stadium der Erkrankung, ist für jeden Patienten mit Zystennieren anzustreben. So kann frühzeitig die Eignung für Therapien beurteilt werden. Mit dem Ziel, den Verlauf der Niereninsuffizienz positiv zu beeinflussen.
Personen, die keine Vorerkrankungen in der Familie haben, gehen häufig aufgrund unspezifischer Symptome zuerst zum Hausarzt. Eine Überweisung zum Internisten bzw. Nephrologen, der ein Ultraschallbild der Nieren macht, ist die häufige Praxis. Zusätzlich gibt es spezialisierte Zentren an den Unikliniken und an größeren Landeskrankenhäusern mit einer nephrologischen Abteilung.
Sollten also Kinder von Betroffenen untersucht werden?
Ja, allerdings nicht im Kindesalter. Die Kindheit soll unbeschwert erlebt werden können, daher raten wir zur Untersuchung frühestens ab dem 18 Lebensjahr. Davor kann es sein, dass ein Ultraschallbild keine Zysten aufzeigt, da diese oft erst später entstehen.
Wie verläuft die Krankheit?
Da gibt es sehr große Unterschiede im Verlauf der Erkrankung. Entscheidend sind dabei zwei Gene. Bei Mutationen im PKD1 Gen kann die Erkrankung sehr aggressiv verlaufen. Hier kommt es zur Dialysepflicht bereits im Alter von 40-50 Jahren. Bei PKD2 ist zwar die Nierenfunktion eingeschränkt, allerdings braucht es keine Dialyse, oder erst im späteren Leben.
Daneben gibt es noch zahlreiche individuelle Verläufe. Diese hängen stark von den Faktoren Übergewicht, Rauchen und Blutdruck ab. Achtet man gut auf den Blutdruck, vermeidet Rauchen sowie etwaiges Übergewicht, kann die Nierenfunktion länger erhalten bleiben.
Das heißt, es ist für Patienten wichtig zu wissen, ob ihre Erkrankung rasch voranschreitet?
Ja, das ist eine sehr wichtige Information für die Patienten.
Wie sieht eine Therapie bei ADPKD aus?
Es gibt seit 3 Jahren bereits eine ganz spezifische Therapie. Diese orale Therapie hemmt ein Hormon, das grundsätzlich Wasser im Körper zurückhält und im Falle der ADPKD das Zystenwachstum fördert. Durch die Einnahme wird das Wachstum der Zysten verlangsamt und die Nierenfunktion kann erhalten werden. Eine Heilung ist dadurch aber nicht möglich.
Wie sehen Sie das Thema Lebensqualität? Hat sich hier in den letzten Jahren etwas verbessert?
Eine Therapie (2 Tabletten pro Tag) bringt für viele – ich würde sagen für 3/4 aller Patienten – keine oder nur kaum eine Einschränkung der Lebensqualität. Allerdings ist die positive Wirkung der Therapie gleichzeitig auch eine starke Nebenwirkung: denn Patienten müssen sehr viel Wasser trinken und damit auch häufig die Toilette aufsuchen. Ein Unterbrechen der Therapie für einen Tag, z.B. um wandern zu gehen, zu reisen oder auf ein Konzert zu gehen, ist aber möglich. Und das nehmen viele Patienten in Anspruch für eine gute Lebensqualität.
Gibt es eine Patienten-Organisation in Österreich?
Es gibt noch keine Zystennieren-Selbsthilfegruppe in Österreich. Es gibt aber eine solche Patienten-Organisation in Deutschland. In Österreich gibt es aber Nierenpatienten-Organisationen, die in den einzelnen Bundesländern organisiert sind. Diese beschäftigen sich natürlich auch mit der Erkrankung ADPKD.
Von wo erhalten Patienten Informationen zu der Erkrankung?
Informationen zur Zystennierenerkrankung erhält man in allen nephrologischen Zentren. Diese befinden sich im Prinzip in jeder Landeshauptstadt in den Landeskrankenhäusern. Daneben sind die nephrologischen Ambulanzen Anlaufstellen für Patienten, die Informationen benötigen. Für eine Durchuntersuchung rate ich zu einem spezialisierten Zentrum, wie in Wien oder Innsbruck, zu fahren. Die Therapie und weitere Behandlung ist durch jedes Krankenhaus bzgl. durch informierte niedergelassene Internisten und Nephrologen in der Nähe eines Patienten dann möglich.
Weitere Informationen auf: https://pkdinternational.org/what-is-pkd/adpkd
Autor: Bernhard Kröll
Bilder: Adobe Stock / ZVG