Wenn das Blut nicht gerinnen will

Die angeborene „Bluterkrankheit“ ist selten. Daher ist auch kaum bekannt, wie wichtig es für Betroffene ist zu wissen, welche Blutgerinnungsstörung vorliegt. Das Von-Willebrand-Syndrom ist vermutlich die häufigste Ursache für eine Blutungsneigung. In seiner leichten Form fällt es allerdings oft erst spät oder gar nicht auf. Schwere Formen dagegen können schon früh zu Blutungen führen und unbehandelt auch lebensbedrohlich sein.

 

Dr. Johanna Gebhart

Dr. Johanna Gebhart,

Universitätsklinik für

Innere Medizin, Wien

Die Blutgerinnung ist lebenswichtig, erklärt Dr. Johanna Gebhart. Sie beschäftigt sich an der Meduni Wien, Abt. Hämatologie und Hämostaseologie mit erblichen Blutgerinnungsstörungen. Ohne Blutgerinnung würden auch kleine Verletzungen nicht aufhören zu bluten. Beim Von-Willebrand-Syndrom wird die Gerinnung dadurch gestört, dass Blutplättchen nicht am verletzten Gewebe und aneinander haften bleiben.


Wie macht sich diese Krankheit bemerkbar?


Meistens in Form von leichten Blutungen, bei der sehr seltenen, schweren Form können auch schwere Blutungen auftreten. Die Therapie des schweren von Willebrand Syndroms unterscheidet sich von der der „Bluterkrankheit“ (Hämophilie), daher ist eine Unterscheidung für den Patienten wichtig.
Dass es sich um das Von-Willebrand-Syndrom handelt, kann man nur mit einer Spezialuntersuchung etwa in einer hämostaseologischen Ambulanz feststellen. Die sichere Diagnose ist aber nicht einfach: Meist braucht es mehrere Untersuchungen bis das Syndrom und sein jeweiliger Sub-Typ identifiziert ist.

 

Die häufigere, leichte Form äußert sich z. B. in Nasenbluten, Neigung zu blauen Flecken, verstärkter Regelblutung der Frau oder wenn bei kleinen Eingriffen wie beim Zahnarzt  oder nach Operationen Blutungen schwer zu stillen sind. Die  schwere Form fällt oft schon bei der Geburt oder in der Kindheit auf.


Wie sieht die Behandlung aus, wenn die Diagnose dann vorliegt?


Meist haben wir eine leichte Form; das tägliche Leben ist nicht beeinträchtigt. Vielleicht bekommt man nur etwas leichter blaue Flecken oder eben Nasenbluten. Medikamente gibt man fallweise, also z. B. in Form eines Sprays oder vor einer Operation als Infusion. Das reicht aus, um Komplikationen zu vermeiden.

 

Bei den schweren Formen, wo eine regelmäßige Behandlung erforderlich ist, wird dem Körper der sogenannte Von-Willebrand-Faktor, der bei der Krankheit ja fehlt bzw. nur eingeschränkt funktioniert, ersetzt. Das erfolgt mittels intravenöser Gabe die, je nach Blutungsneigung, nur vor Operationen und Eingriffen oder regelmäßig erforderlich ist. Die Blutungsneigung ist bei den Patienten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Für die Behandlung ist es wichtig, das in der individuellen Krankengeschichte (Anamnese) genau festzustellen. Dann kann man entscheiden, ob ein Medikament schon vorbeugend gegeben werden soll oder ob z. B. beim Zahnarzt lokale Blutstillungs-Maßnahmen ausreichen.


Was ist für Betroffene sonst noch wichtig zu wissen?


Empfehlenswert ist es je nach Schwere der Erkrankung, den Bluterausweis mitzuführen, etwa für den Fall eines Unfalls. Hier ist die Art der Blutgerinnungsstörung eingetragen, außerdem die Notfall-Kontaktdaten der Blutgerinnungsstelle und die erforderliche Therapie. Heilbar ist das Von-Willebrand-Syndrom nicht. Die Symptome sind aber gut behandelbar, und Komplikationen lassen sich vermeiden.

 

Autor: Michael Praschma
Bilder: Fotolia | ZVG

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