Neurofibromatose: Krankheit mit 1.000 Gesichtern

Neurofibromatose ist eine extrem komplexe sowie unberechenbare, seltene Erkrankung mit einem unglaublich vielseitigen Krankheitsbild. Es handelt sich bei Neurofibromatose Typ 1 um die häufigste neuro-kutane Erkrankung der Welt.

 

Claas Röhl

Ing. Claas Röhl, Obann der

NF Kinder Austria

Was ist Neurofibromatose?


Neurofibromatose ist ein historisch gewachsener Begriff, der eigentlich drei verschiedene, genetisch bedingte Tumorerkrankungen beschreibt. Neurofibromatose Typ 1, Neurofibromatose Typ 2 und Schwannomatose.

Es sind tatsächliche eigenständige Erkrankungen, bei denen jeweils ein anderes Gen mutiert ist und verschiedene Krankheitsbilder zur Folge hat.
Die häufigste Form von Neurofibromatose ist Neurofibromatose Typ 1, oder kurz NF1. Laut einer finnischen Studie aus dem Jahr 2014 kommt eines von 2.000 Kindern mit NF1 zur Welt. NF1 ist also eine der häufigsten seltenen Erkrankungen der Welt. In Österreich sind etwa 4.000 Menschen betroffen.

 

Symptome und Diagnose


Wie etwa 98% der Kinder mit NF1 hat auch meine Tochter in ihren ersten Lebensmonaten typische braune Pigmentflecken auf der Haut, sogenannte Cafe au Lait Flecken, entwickelt. Sechs oder mehr dieser Milchkaffeeflecken von mindestens 0,5cm Größe sind ein dringender Hinweis auf NF1. Diese Kinder sollten rasch einem NF Experten vorgestellt werden, der einen Gentest veranlassen kann, um zur Diagnose beizutragen. In etwa 90% der Fälle kann bei einem NF1 Patienten auch die Mutation im Blut nachgewiesen werden.

 

Als meine Tochter 6 Monate alt war lagen die Ergebnisse der genetischen Untersuchung vor und wir hatten die traurige Gewissheit, dass unsere Tochter NF1 hat. In diesem Moment bricht eine Welt zusammen, denn das Leben nimmt eine unerwartete Wendung. Gefühle wie Angst, Ohnmacht und auch Schuld überwältigen einen.

 

Im Internet findet man fast nur Schreckensszenarios wenn man nach Neurofibromatose sucht und ist total verunsichert. NF1 kann Tumoren überall an den Nerven im Körper verursachen. Jedes fünfte NF1 Kind entwickelt schon im Alter zwischen 2 und 8 Jahren Sehnervtumoren, die das Augenlicht gefährden können. Die Hälfte entwickelt plexiforme Neurofibrome, die leider in 10% der Fälle zu bösartigen Nervenscheidentumoren entarten. Jeder dritte Mensch mit NF1 entwickelt orthopädische Probleme, wie teilweise schwere Skoliosen oder Tibia Dysplasie. Bis zu 80% der Patienten haben neuropsychologische Beeinträchtigungen, wie Lernschwierigkeiten, Wahrnehmungsstörungen, ADHS und weitere. Und ca. 95% der NF1 PatientInnen entwickelt meist ab dem Pubertätsalter die charakteristischen Neurofibrome an den Hautnerven. Diese stellen zwar kein gesundheitliches Risiko dar, sind aber oft eine große ästhetische Beeinträchtigung und wirken sich dadurch sehr negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen aus.


Information und Aufklärung


Es braucht eine Zeit, bis man sich auf diese neue Situation einstellen und das Schicksal annehmen kann. Ich denke jeder Mensch geht anders mit so einer Situation um. Ich habe vor allem Probleme damit gehabt zu akzeptieren, dass meine Tochter unheilbar krank ist und ich ihr nicht helfen kann.

Für mich heißt unheilbar nämlich lediglich, dass es jetzt im Moment noch nicht heilbar ist. Ich fasste den Entschluss alles mir mögliche zu tun, um Neurofibromatose bekannter zu machen, Informationen auf schonende Art und Weise betroffenen Familien zugänglich zu machen, Spendengelder zu generieren und Forschungsarbeit und psychosoziale Projekte zu generieren. Vor allem wollte ich eine Plattform für andere Betroffene in Österreich schaffen, die so wie ich die Opferrolle verlassen möchten und aktiv an einer hoffnungsvollen Zukunft für NF Betroffene mitwirken möchten.


NF Kinderklinik


In Österreich ist unser großes Ziel der Aufbau der NF Kinderklinik, die als Expertisezentrum zertifiziert und in das europäische Referenznetzwerk GENTURIS (genetic tumor disc syndromes) integriert werden soll. Dafür brauchen wir dringend nachhaltige Unterstützung durch Spender und Unternehmen. Dann können wir das Leben von 4.000 Familien in Österreich positiv verändern.

Weitere Informationen finden Sie hier.

 

Autor: Ing. Claas Röhl
Bilder: © ZVG | Pexels

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