Mehr Bewegung ist wichtig bei Cystischer Fibrose

Bewegung ist einer der wichtigsten Faktoren für den Erhalt der Gesundheit. Doch wie viel Bewegung ist gut oder überhaupt möglich, wenn man an Cystischer Fibrose erkrankt ist? Wir sprachen mit Kevin Cobb, Physiotherapeut an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien.

 

Herr Cobb, warum ist die Bewegung bei Menschen mit Cystischer Fibrose so wichtig?

Bewegung ist neben der Inhalationstherapie und der Atem-Physiotherapie die dritte Säule, auf die Physiotherapeut:innen achten, wenn sie Menschen mit CF betreuen. Die Bewegung generell führt zu einer Atmungsvertiefung bzw. zu einer Erhöhung der Atemfrequenz, was den Sekrettransport in der Lunge unterstützt. Dies ist eines der Hauptziele in der Atem-Physiotherapie. Daneben kann Bewegung – je nach Form – beispielsweise auch zu einer Dehnung des Brustkorbs führen, was die Belüftung von Lungenarealen begünstigen kann.

 

Wie kann Bewegung bzw. Sport die Durchblutung und Belüftung der Lunge verbessern?

Kevin Cobb ist Physiotherapeut an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien.

Kevin Cobb ist

Physiotherapeut an der

Universitätsklinik für Kinder-

und Jugendheilkunde in Wien.

Hier ist schon zwischen Bewegung und Sport zu unterscheiden. Bei letzterem ist die Intensität der Bewegung natürlich erhöht, was auch zu höheren Verbesserungen führen kann. Das kommt aber stark auf die gewählte Sportart an. Personen die bspw. regelmäßig Kraftsport betreiben haben kräftigere Muskeln und damit auch stärkere Atemhilfsmuskeln, was die Atmung verbessern kann.

Generell kann die Bewegung des Oberkörpers – je nach Ausführung – dazu führen, dass die Lunge sich weiter entfalten und somit mehr Luft aufnehmen kann.

 

Ab welchem Alter können Bewegungs-Initiativen in Angriff genommen werden?

Wir versuchen das Thema Bewegung schon sehr früh bei den Familien anzusprechen. Wenn alles gut läuft, dann steht die Diagnose bereits in den ersten 6 Lebenswochen. Zuerst stehen natürlich Inhalations- und Atem-Physiotherapie im Fokus, aber in den ersten Gesprächen wird immer auch erwähnt, welche Bedeutung die Bewegung hat. Insbesondere wie wichtig es ist, dass die Familie zusammen einen bewegten Lebensstil führt. Ganz nach dem Motto „Sport machen, weil es Spaß macht, nicht, weil man krank ist.“

 

Damit kann man bereits im Säuglingsalter bzw. bei kleinen Kindern mit dem Mobilhalten des Brustkorbs beginnen, dazu gibt es auch schöne Spiele bei denen die ganze Familie mitmachen kann. Daneben gibt es auch beliebte Angebote – vom Baby-Yoga oder Baby-Schwimmen bis zum Kinder-Turnen.

 

Welche Position nimmt dabei die Physiotherapie ein?

In der Physiotherapie liegt der Fokus auf den Bewegungsübungen, wir schulen meist die gesamte Familie ein, damit diese zuhause dann – ob zusammen oder einzeln – das Kind unterstützen können. Daneben ist die Rolle der Physiotherapie bei CF auch die Beratung, bzw. das Coaching. Gerade bei Familien in denen Sport keine große Bedeutung hat unterstützen wir, insbesondere was die Motivation betrifft. Oder wir beraten welche Sportmöglichkeiten es in ihrer Umgebung gibt.

 

Welche Angebote können Eltern mit einem an CF-erkrankten Kind in Anspruch nehmen?

Je nach Alter kommen die Patient:innen alle 1-3 Monate in die Ambulanz. Wir tauschen uns sehr gut mit den behandelnden Ärzt:innen aus, daher kommen die Betroffenen häufig anschließend zur Physiotherapie. Manche Patient:innen kommen nur einmal im Jahr vorbei, was das absolute Minimum darstellt. Je nach Alter, Wissen und Krankheitszustand ist das ausreichend für ein Besprechen der Trainingspläne. Wir bieten jedoch auch die Möglichkeit Patient:innen einmal wöchentlich zu sehen, wenn es akute Probleme gibt oder es selbstständig schwierig ist ein regelmäßiges Training durchzuführen.

Während im sehr jungen Alter die Schulung der Inhalation und Atemphysiotherapie im Fokus stehen, geht es später immer mehr um Bewegung und welche Sportart noch spannend wäre. Je älter die Betroffenen sind, desto mehr sportliche Angebote können sie in Anspruch nehmen.

 

Wie sieht das später im Jugend- oder Erwachsenenalter aus?

Für uns ist es wichtig, dass der Sport Spaß macht. Je älter das Kind ist, insbesondere während der Pubertät, kann der Sport eine zusätzliche Belastung sein. Man darf nicht vergessen, rund eine Stunde am Tag dauert die Inhalationstherapie, zusätzlich müssen viele Medikamente genommen werden, da ist Sport leider oft eine zusätzliche zeitliche Belastung. Umso wichtiger ist es, dass wir Sportarten finden, für die Jugendliche weiter motiviert sind. Insbesondere Teamsport schafft es hier die Motivation hoch zu halten. Einen Beitritt in einen Sportverein begrüßen wir.

 

Welche Hilfsmittel gibt es für Eltern von CF-Kindern bzw. CF-Betroffenen, um ihre Physiotherapie und Bewegung in ihren Alltag zu integrieren?

Eines der einfachsten Hilfsmittel um Bewegung tracken zu können ist heutzutage das Smartphone. Durch die eingebauten Schrittzähler kann man sehr gut sehen, wie viel sich der Körper an einem Tag bewegt hat. So kann man sich leicht Bewegungs-Ziele für die nächsten Tage stecken. Daneben gibt es auch Smartwatches, also Uhren mit Track-Funktion, bei denen man auch Erinnerungen eintragen oder sich Motivationsschübe holen kann.

Wer ein Smartphone besitzt kann sich auch mittels Apps Unterstützung holen. Es gibt bereits ein paar CF spezifische Apps, die sie unter anderem in der Verbesserung ihrer Mobilität unterstützen können.


Wie viel Bewegung sollte bei CF täglich am Programm stehen?

Wir empfehlen mindestens drei bis fünf Trainingseinheiten die Woche für zumindest eine halbe Stunde, bei einer maximalen Herzleistung von 75%. Natürlich muss man sich hier am Gesundheitszustand orientieren. Zum Glück gibt es heute durch die gute medikamentöse Versorgung sehr viele stabile Verläufe der Erkrankung mit einer kontinuierlich steigenden Lebenserwartung, dadurch ist auch mehr Bewegung und Sport möglich.

 

Wo sehen Sie Grenzen in Bezug auf Sport bei CF?

Generelle Grenzen sehe ich wenige. Es gibt auch Marathonläufer:innen unter CF-Patient:innen. In der Regel bereiten sich diese Personen ja sehr gut vor, sind also gut trainiert und erhöhen in der Regel ihre Trainingsziele in Absprache mit Ärzt:innen und Physiothrapeut:innen. Durch diese gute Vorbereitung sind fast alle Sportarten machbar, lediglich Fallschirmspringen oder Tiefseetauchen bzw. Schnorcheln sind weniger geeignet. Auch wenn die Lungenfunktion sehr eingeschränkt ist – bspw. bei 30% – sind die allermeisten Sportarten auch noch, mitunter angepasst, möglich. Der Körper kann sich sehr gut adaptieren und bei guten, regelmäßigen Trainings ist vieles möglich!

 

Gibt es etwas, das Sie unseren Leser:innen noch sagen wollen?

Ja! Mir ist es wichtig, dass CF-Betroffene keine Angst vor Sport haben, denn diese Angst ist unberechtigt. Jede Form der Bewegung – und eben insbesondere Sport – leistet einen positiven Beitrag zur Gesundheit.

 

Autor: Lukas Winter
Bilder: Adobe, VZG

Kommentar verfassen Kommentieren abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Drücken Sie Enter, um zu suchen, oder ESC, um zu schließen