Leben mit Hämophilie
Hämophilie ist eine Erbkrankheit, die von Mutter und Vater gleichermaßen vererbt werden kann. Dennoch bricht sie nur bei Männern aus. Lukas Zahrer, Mitglied der österreichischen Hämophilie-Gesellschaft und selbst Patient, sprach mit uns über seinen Alltag mit der Krankheit.
Hämophilie unterscheidet man ja in diverse Typen. Welchen Typ haben Sie?
Ich selbst habe Hämophilie A, das ist die häufigere Variante. Die Symptome bei Hämophilie A und B sind zwar gleich, für die Patienten gibt es jedoch Unterschiede in der Behandlung. Beispielsweise die Häufigkeit mit welcher die Medikamente verabreicht werden müssen.
Wie alt waren Sie bei der Diagnose?
Ich war 9 Monate alt.
So jung?!
Ja.
Gehen Diagnosen bei Hämophilie immer so schnell?
Das ist von Fall zu Fall verschieden. Wenn Hämophilie-Fälle in der Familie bekannt sind geht es natürlich einfacher. Ich selbst hatte als Kind oft blaue Flecken und Beulen am Kopf weswegen meine Eltern mit mir ins Krankenhaus gegangen sind. Dort wurde dann recht bald der Verdacht auf Hämophilie geäußert.
Das heißt, Sie sind seit Ihrem ersten Lebensjahr in Behandlung. Wie genau sieht diese Behandlung aus?
Bei Hämophilie muss der Gerinnungsfaktor in die Vene gespritzt werden. Als prophylaktische Behandlung mache ich das jeden zweiten Tag. Für die Injektion brauche ich keinen Arzt, das habe ich im Sommercamp der Hämophilie-Gesellschaft selbst gelernt. Das Wichtigste bei dieser Prophylaxe ist, dass die Injektion regelmäßig verabreicht wird. Gerade Kinder und Jugendliche in der Pubertät, die nie Probleme aufgrund der Prophylaxe hatten, tendieren dazu, gegen die Eltern zu rebellieren und die Injektionen abzusetzen. Das kann jedoch gefährlich sein, da schon eine einzige Blutung ausreicht um bleibende Gelenksschäden zu verursachen.
Gibt es irgendwelche Einschränkungen, die durch die Krankheit entstehen?
Nein. Ich muss mir zwar jeden zweiten Tag 10 Minuten Zeit für die Injektion nehmen, aber das lässt sich sehr schnell und einfach in den Alltag eingliedern. Wenn ich in Urlaub fahre muss ich aufpassen, dass ich genug Medikamente mithabe, aber ansonsten gibt es keine Probleme.
Und beim Sport?
Auch nicht wirklich. Wenn die Prophylaxe regelmäßig genommen wird können Patienten jeden Sport – sogar Eishockey – machen. Natürlich ist das nichts, was einem der Arzt empfehlen würde. Das einzige Mal, als ich von außen eingeschränkt wurde, war in meiner Schulzeit.
Wie das?
Ich wurde vom Sportunterricht befreit, weil die Lehrer unsicher waren, ob ein Hämophilie-Patient wirklich Fußball spielen sollte. Das war aber dann auch schon die größte Einschränkung, welche ich im Leben hatte.
Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?
Das Allerwichtigste ist, dass die Medikamente sicher bleiben. Da die Präparate früher ausschließlich durch Humanplasma gewonnen wurden, haben sich viele Menschen mit HIV und Hepatitis infiziert, da die Spender nicht auf Infektionskrankheiten getestet wurden. Dies führte in den 80er-Jahren zum Bluterskandal. Heutzutage ist der Zulassungsprozess von neuen Medikamenten absolut ausgereift, im Vordergrund muss aber trotzdem die Sorgfalt bei der Produktion und Sicherheit der Medikation stehen.
Zudem wird die Behandlung für Hämophilie glücklicherweise auch von der Kassa erstattet und wir hoffen sehr, dass das so bleibt. Dennoch gibt es bereits neue und bessere Medikamente, die zwar in Österreich die Zulassung haben, aber noch nicht von der Kassa erstattet werden. Dies wäre ebenfalls wünschenswert für die Zukunft.
Vielen Dank für das Interview!
Autorin: Christine Lehner
Bilder: Pexels | ZVG