Leben mit Cystischer Fibrose

Die Diagnose der seltenen Erkrankung Cystische Fibrose (auch Mukoviszidose) ist für Eltern meist ein großer Schock. Oft ist über die Erkrankung nur sehr wenig bekannt. Für Aufklärung und Informationen sorgen gemeinschaftlich Eltern und Betroffene in Selbsthilfegruppen. Wir sprachen mit Obfrau Elisabeth Jodlbauer-Riegler und ihrer Tochter Anna, die selber an CF erkrankt ist.

 

wann und wie haben Sie bemerkt, dass Ihre Tochter an CF erkrankt ist?

(EJR): In den ersten Monaten nach der Geburt gab es immer wieder Momente, in denen ich dachte, etwas stimmt nicht. Da Anna aber unser erstes und einziges Kind ist, hatte ich keine Vergleiche. Meine Mutter, die selbst 5 Kinder großzog, meinte dann aber, dass wir unser Kind untersuchen lassen sollen.


Wie erfolgte die Diagnose? Wie alt war da Ihre Tochter?

Zum Zeitpunkt der Diagnose war Anna 4 Monate alt. Wir waren bei einer Mutter-Kind-Untersuchung und da wurde der Arzt dann sehr hellhörig und hat uns an eine Spezialambulanz überwiesen. Dort wurde die Diagnose Cystische Fibrose mittels Schweißtest gestellt.


Anna, wann war dir zum ersten Mal bewusst, dass du eine seltene Krankheit hast?

(AJ): Also da gab es keinen bestimmten Tag, an dem mir das bewusst wurde. Ich wusste immer, dass ich Cystische Fibrose habe. Für mich war es dadurch ganz normal, dass ich zum Essen Medikamente einnehmen oder inhalieren muss. Erst im Kindergarten ist mir aufgefallen, dass ich die einzige war, die Medikamente nehmen muss. Aber das war halt einfach so, für mich ganz normal.

 

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Obfrau Elisabeth Jodlbauer-Riegler mit Tochter Anna


Wie hat dein Umfeld reagiert? Musstest du deine Krankheit ständig erklären?

Ich weiß, dass meine Mutter damals mit anderen Eltern gesprochen und erklärt hat, dass ich Cystische Fibrose habe und was diese Krankheit bedeutet. Im Kindergartenalter war das nichts Besonderes. Und nachdem ich mit den meisten Kindern dann auch in die Schule gegangen bin, wussten die alle schon, dass ich bestimmte Therapien machen muss.


Wie alt bist du heute? Wie sehen deine Lebensumstände heute aus?

Ich bin jetzt 27 und habe gerade angefangen Vollzeit zu arbeiten. Ich bin in der Gastronomie tätig und würde sagen, eigentlich ein ziemliches 0815-Leben zu führen. Allerdings muss ich natürlich meine Therapien am Morgen und nachts unterbringen. Mit Inhalations-, Atem-, Physiotherapie und Sport können das auch mal 3 Stunden am Tag sein. Und ich habe häufiger Arzttermine, da ich einmal monatlich ins Spital zur Kontrolle muss. Dort wird dann eine Lungenfunktion gemacht, mein Gewicht und Blutparameter analysiert. Seit zwei Jahren gibt es die Möglichkeit einer CF-Reha. Dieses Angebot nutze ich auch. Die vier Wochen intensive Therapie ermöglichen im Rest des Jahres eine gute Zeit. Leider wurde heuer meine Reha abgelehnt. Warum weiß ich nicht, aber ich werde darum kämpfen.


Inwiefern haben sich Ihre Lebensumstände der Familie geändert?

(EJR): Nach der Diagnose hat unmittelbar die Therapie begonnen. Natürlich kann man das von vor 27 Jahren nicht mit heute vergleichen. Aber wir haben z.B. die Verdauungsenzyme gleich von der Klinik mit nach Hause mitbekommen. Anfangs fühlten wir uns etwas im Ausnahmezustand, aber man wächst da in die neue Rolle sehr schnell hinein. Die ersten Monate waren die neuen Regeln noch ungewohnt, aber man lernt sehr schnell damit umzugehen.

 

Stehen Sie mit anderen Patienten in Kontakt? Wie wichtig ist dieser Austausch?

(EJR): Der Austausch untereinander ist enorm wichtig! Deshalb leite ich ja auch eine Selbsthilfegruppe. Er sollte aber nicht in einer Form erfolgen, in der einer der/dem anderen Ratschläge erteilt. Weil jeder Krankheitsverlauf sehr individuell erfolgt, sind Tipps wie „Das ist gut“ oder „Davon rate ich ab“ nicht sehr hilfreich. Denn was für das eine Kind passt, muss nicht auch für ein anderes passen. Die Gemeinschaft schenkt aber auch Kraft und man kann sehr wohl auch von den Erfahrungen von anderen Eltern profitieren. Das Rad muss sozusagen nicht neu erfunden werden!

 

(AJ): Wenn meine Mutter Erstaufklärungsgespräche macht, versuche ich auch vorbei zu kommen. Vielen Eltern von Neugeborenen mit der Diagnose CF ist es wichtig, eine Erwachsene zu sehen, die mit der Erkrankung gut umgehen kann. Für Eltern ist die Diagnose ja meist ein großer Schock, da hilft es manchen sehr, wenn sie sehen, dass man heute mit CF erwachsen, sogar 40-50 Jahre und älter werden kann.


Sie sind Vorstand der Selbsthilfegruppe CF in OÖ. Welche Informationen benötigen Betroffene und Familien von Betroffenen?

(EJR): Zuerst sind Informationen über die Erkrankung selbst sehr wichtig. Für Eltern und Angehörige ist ein Grundverständnis von Bedeutung, man muss schließlich wissen, warum mache ich was. Schließlich müssen ja Erziehungsberechtigte gewisse Entscheidungen treffen, dazu ist ein Grundwissen notwendig. Und man gibt Informationen auch weiter an das Kind und entscheidet auch mit, wie selbständig ein Kind ist, und wie ein selbständiges Leben im Erwachsenenalter aussehen kann. Daneben informieren wir auch zu Versicherungen und Beihilfen. Der Zugang zu Sozialleistungen für CF-Betroffene wird leider immer schwerer.


Sind Sie zufrieden mit den aktuellen Therapiemöglichkeiten?

(AJ): Seit ich berufstätig bin ist mir aufgefallen, wie zeitintensiv die Therapien wirklich sind. Es gibt inzwischen spezielle Inhalatoren, die die Therapiezeit etwas verkürzen. Oder Antibiotika, die man als Trockeninhalat inhalieren kann. Die ganze Therapie ist natürlich aufwändig. Da wäre es natürlich schön, wenn man eines Tages nur mehr eine Tablette schlucken müsste. 

 

Wo gibt es Ihrer Meinung nach in Österreich noch Verbesserungsbedarf?

(EJR): Ich bin sehr froh, dass wir in Österreich am Top-Stand sind, was die Versorgung angeht. Ich denke, manchmal fehlt es noch an Wissen der Eltern oder Betroffenen selbst, was therapeutisch noch möglich ist. Verbesserungsbedarf sehe ich dort, wo Erwachsene ins Berufsleben starten und Therapie, Arztbesuche, etc. mit der Arbeit koordiniert werden müssen. Auch beim Thema Verfügbarkeit von Physio- und Psychotherapien, sowie in der stationären Behandlung von erwachsenen CF-Patienten, gibt es sicherlich viel Potential nach oben.

Was ich mir wünschen würde ist, dass sich mehr junge Mediziner für das Thema Cystische Fibrose interessieren. Gerade vor dem Hintergrund, dass in den nächsten Jahren sehr viele Spezialisten in Pension gehen werden, wäre es notwendig, dass mehr motivierter, wissbegieriger Nachwuchs nachkommt. Dazu bieten wir heuer erstmals im Herbst eine Fortbildung für interessierte JungmedizinerInnen an. Es geht nicht darum, dass alle SpezialistInnen werden, aber darum, dass sich niemand vor CF-PatientInnen „fürchtet“ und, wenn notwendig gute Entscheidungen trifft.

Weitere Informationen finden Sie auf https://www.cystischefibrose.info

 

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Autor: Lukas Winter
Bilder: Adobe Stock | ZVG

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